30 Mai Die Nase voll
Luxus stimuliert mehrere Sinne. In der Mode ist es der visuelle Eindruck, der einen in seinen Bann zieht, bei Parfums geschieht die sinnliche Betörung über die Nase. Haute Couture in Form von Düften kreiert die Londonerin Lyn Harris. Die Meister-Parfümeurin komponiert für ihre Kunden die exklusivsten Parfums der Welt.
„Parfums kreieren ist wie Musik machen. Dein Kopf sagt dir, was du zu tun hast.“ so Lyn Harris, die einzig klassisch ausgebildete „Nase“ Englands über ihr Schaffen. Mit bloßem Riechen und Schnuppern hat das weniger zu tun als mit Reflektion und dem Notieren von Formeln. In ihrem Gedächtnis sind mehrere Tausend Duftnuancen abgespeichert. Wie in einem Archiv, dessen Schubladen sie aufziehen und deren Inhalt sie beliebig miteinander kombinieren kann. Harris treibt auf die Spitze, was sich jeder Kunde von seinem Parfum erträumt: Den Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und Identität in einer anderen Dimension.
Unter dem Label „Perfumer H“ stellt die Engländerin für ihre erlesene Kundschaft maßgeschneiderte Parfums her, die sich zu einem handelsüblichen Parfum wie etwa wie ein Ready-to-Wear-Kleid zu einer Haute-Couture-Robe verhalten. Für einen sogenannten Bespoke-Duft kann man einen Termin bei der Parfümeurin buchen, für den sie sich einen ganzen Tag Zeit nimmt. In ihrem Atelier an der Crawford Street in Marylebone, London empfängt sie Privatkunden wie Kristin Scott-Thomas, Kylie Minogue oder Jane Birkin, denen sie exklusivste, persönliche Parfums auf den Leib schneidert. Harris nimmt nur sechs bis zehn Kunden pro Jahr und ihre Warteliste ist lang.
Ihre Arbeit vergleicht die 47-Jährige mit der einer Psychologin. Erst lernt sie ihr Gegenüber kennen, fragt nach dessen Kindheit, Leben und Vorlieben und findet dann heraus, was er oder sie sich für einen Duft wünscht. Dann erst geht sie mit ihrem Klienten Dutzende Duftstoffe durch. In der Regel müssen Kunden ein halbes Jahr warten, bis sie den nur für sie geschaffenen Duft überreicht bekommen, daran hat sich im High-End-Bespoke-Wesen seit dem 18. Jahrhundert nichts geändert. Jede einzelne Formel wird bei Robertet, dem Parfumhaus in Grasse, bei dem sie die hohe Kunst der Haute Parfumerie erlernte und ihre Duftstoffe bezieht, mit einem Code archiviert und lebenslang aufbewahrt. Das alles hat seinen Preis – 15.000 Pfund kostet eine Parfumkreation. Für alle anderen bietet Harris zwei Mal pro Jahr erschwinglichere Kollektionen an, sie hat eben nicht nur ein Näschen für die Upper-Class.